Warum Steampunk ein lausiges Genre ist.

Ja, das ist so. Alle wollen Steampunk schreiben. Inzwischen muss man es noch nicht mal mehr dauernd erklären. Aber lesen? Ach nö. Und die Verlage? Die Indies machen es. Aber die Großen lassen fein die Finger davon. Die haben nämlich nachgerechnet: es lohnt sich nicht.

Warum ist das so?

Schreiben: Autoren mögen Abenteuer. Und Steampunk hat welches. Wo sonst kann man fröhlich Science Fiction mit Fantasy mixen, Historie mit Romantik und zur Not noch Western oder Endzeit dazu mischen? Es ist so vieles möglich. Wie ich immer sage: Steampunk macht wieder weiße Flecken auf die Landkarte. Es lässt uns alltägliche Dinge neu sehen. Es lässt uns Abenteuer erleben, die man in engeren Genres nicht bekommt.

Lesen: Steampunker sind Macher. Sie basteln und nähen, sie sind immerzu beschäftigt mit dem nächsten und übernächsten Projekt. Ich will mal postulieren, dass sie auch stark visuell veranlagt sind, und das Fernsehen da einen stärkere Verlockung bietet, als das Buch. Die anderen? Nun, der Leser an sich ist skeptisch: bietet dieser seltsame Mix mir wirklich einen Mehrwert? Und diese Skepsis reicht, um nicht sofort zu kaufen.

Die Verlage: Naja, die rechnen eben hart. Wenn jemand wie Jim Butcher Steampunk schreiben will, dann darf er das, weil seine Fans hardcore sind und das lesen werden. Ansonsten, liebe Autoren, schreibt Genrerein, das passt besser ins Programm. 

 

Ich erlebe das alles täglich. Manche Tage nehme ich dann meine Bücher aus der Kategorie raus, um sie sichtbarer zu machen. Und packe sie in Fäntäsi, weil sie da vielleicht ... ein paar Tage später pack ich sie wieder zurück, weil, verdammt, sie sind Steampunk.

Ich frage auf Conventions und Messen immer erst, ob ich Steampunk noch erklären muss. Muss ich nicht mehr so oft, wie früher, aber immer noch oft genug. Und inzwischen sag ich auch, dass meine Bücher viel Fäntäsi, Krimi, Historie etc drin haben. Und es ist ja nicht gelogen. Trotzdem komm ich mir dann wie ein Verräter vor, wie jemand, der die Wanderhure auf Aether gesetzt hat.

 

Dazu kommt noch, dass Steampunk gerade "in" ist. Was all das bedeutet, was es für jede ehemalige Subkultur bedeutet: sie wird maistream und das macht sie oft nicht besser. Die Unken rufen schon lang den Untergang aus und das tut weh.

 

Aber wisst ihr was? Steampunk ist ein wundervolles Genre. Es ist nämlich eigentlich keins. Es ist eine Erlaubnis. Es ist so viel mehr als Krimi oder Thriller (wie soll man die beiden Cosplayen?). Es ist auch mehr als Fäntäsi, mehr als spitze Ohren, es ist für manche Lebenskultur.

Es ist die liebevolle Auseinandersetzung mit einer Vergangenheit die es so nie gab, versetzt in eine Zukunft, die es so vielleicht geben könnte. Und es ist Fantasie, Spaß, viel Arbeit, Detailverliebtheit, genauso wie Ausgelassenheit. 

Es gibt mir die Möglichkeit, von allem das Beste zu picken. Und mich nicht in enge Grenzen einschränken zu lassen. Dass so viel Grenzenlosigkeit zu manch einer Ratlosigkeit führt, muss ich wohl in Kauf nehmen. Ich werde weiter daran arbeiten, eine Welt zu beschreiben, die mir inzwischen zu einer Heimat geworden ist.

Da geht noch viel.

Geht mit mir.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Brida (Donnerstag, 22 September 2016 11:07)

    Ich finde spannend, dass du das schreibst, denn ich habe dich bzw. "euch" Steampunk-Autoren beneidet, dass ihr eure Leser auf Cons und Messen schon an der Optik erkennen könnt. :-)
    Ganz anders als bei mir mit Elfen-Urban Fantasy. Wenn eine/r mit Elfenohren übers Con geht, ist der noch lange kein Leser. Ich wiederum lese leidenschaftlich gern Urban Fantasy, die von Frauen geschrieben wird, aber optisch würde man mich wohl eher bei High Fantasy oder Lolita Goth einordnen, je nach Klamotten. ;-)
    Bei dir, so der trügerische Anschein, konntest du auf jeden in Steampunk-Outfit zusteuern und sie unterhielten sich gespannt über deine Bücher, nahmen auch gern den ersten Band mit. Was danach folgt sieht man ja als Außenstehender nicht -- dass sie es vielleicht gar nicht lesen, oder den Folgeband nicht kaufen, wenn sie dann selbst dafür bezahlen müssten.
    Ich finde immer noch, dass deine Bücher für eine große Zielgruppe taugen und ganz großes Kino sind (und endlich verfilmt gehören!). Aber der Aufhänger, wenn du eine amerikanische Autorin wärst, wäre vielleicht Urban Fantasy gewesen oder ... ach, was weiß ich, welche ausgedachten Label sie dir aufgepappt hätten, um ein größeres Genre zu erschließen - Romantic Gaslight Victorian Urban Fantasy ;-)
    Denk nicht drüber nach und schreib weiter! :-*