Warum ich einfach nicht kann, auch wenn ich irgendwie will ...

Achtung, es wird persönlich. Das hat was mit meinem Leben zu tun, weniger mit meinen Büchern. Obwohl das ja kaum trennbar ist.

Ich erzähl jetzt mal was über meinen Vater. Mein Vater war ein toller Typ. Er war fleißig, sehr intelligent, sah gut aus, er reiste viel und wusste viel. Er war Bezirksleiter einer Bausparkasse bei uns unten auf dem Land, wo ich aufgewachsen bin (Kaiserstuhl). Alle kannten ihn. Alle. Der Bank-Lutz war in der CDU und Kassenwart beim Angelverein. Und er konnte gut saufen und feiern. Er war ein begnadeter Witzeerzähler und er hatte ein Gespür für Hierarchien. Er wusste, wie man nach oben kommt.

Ich war nach der Scheidung meiner Eltern (da war ich 10) bei ihm verblieben. Das war ok so, denn ich hatte alles, was ich brauchte. Ich wollte nicht weg, ich kam grad aufs Gymmi und war sowieso meines Vaters Liebling. Alles war prima (ja so hab ich das empfunden) bis auf die Zeiten, wo der Alkohol meinen Vater veränderte. Wenn er mehr als sonst trank, früher am Tag. Meist waren das die Wochenenden und dann gab es Streit. Man konnte ihm nichts recht machen.

Ich weiß nicht mehr, ob ich 16 oder 17 wurde. Aber wir hatten uns gestritten. Und nach solchen Streits (die meist aus einseitigem längerem Anschreien seinerseits und Tränen meinerseits bestanden) war ich immer ein paar Tage Unperson. Ich war also an meinem Geburtstagsmorgen Unperson. Meine Geschenke lagen auf dem Tisch, aber niemand war da um mich zu umarmen oder so. Der Tag ging rum (keine Erwähnung meines Geburtstags) und mitten in der Nacht wurde ich geweckt. Mein Vater stand voll wie eine Strandhaubitze mit ein paar Geschäftskollegen (ebenfalls sehr betrunken) vor der Tür. Er wollte, dass ich aufstehe. Er legte seinen Arm um mich und erklärte diesen Männern, dass ich seine tolle Tochter sein, ich habe Geburtstag gehabt und er wäre sehr stolz auf mich. Dann durfte ich wieder ins Bett.

 

Ich liebte meinen Vater, wie man das so tut. Und ich litt lange unter dieser verdrehten Liebe, die er als einziges geben konnte. Ich machte meinen Selbstwert von seiner Anerkennung abhängig. Aber ... egal, wie sehr ich es drehe und wende: das kann es nicht sein. Selbst-Wert kann nur aus mir selbst kommen.

Einzig mein Stolz hat mich gerettet, eine Duckmäuserin zu werden. Denn ich wäre so gerne sein liebes Mädchen gewesen. Aber stattdessen hab ich mich vom Acker gemacht, sobald es ging. Ich weiß heute, was ich kann und was ich nicht kann. Ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, worauf ich stolz sein kann, und das muss ich mir von niemandem sagen lassen. Vor allem nicht von Leuten, die mich überhaupt nicht kennen! Was soll das? Mein Vater hat mich nicht gekannt. Wie hätte er das auch können, dazu hätte er ja mal mit mir reden müssen.

 

Jetzt ist Stolz so eine Sache, die einem durchaus auch Einiges versauen kann. Ich schreib das heute, weil ich mal wieder mit mir hadere. Es geht um den PAN- das Phantastik Netzwerk.

Ja, ich weiß, wenn ich wollte, könnte ich da rein. Aber ... ich stell mir das so vor: Die Vorsitzende, die weder mich wirklich, geschweige denn mein Buch kennt (das hat sie fallen lassen wie einen faulen Apfel, als sie hörte, dass es SP ist), die würde ja kotzen. Die großen Namen ... die kennen mich auch nicht und vielleicht haben sie was gehört, aber was solls ... who is that anyway? Einige wüprden sich freuen und dann dürfte ich bezahlen und dabei sein.

Der einzige Grund wäre also, weil ich da was für SPs und so erreichen könnte. Weil ich ja prinzipiell so ein Netzwerk toll finde.

 

Wäre ich damals bei meinem Vater geblieben und hätte ich ihm immer nach dem Mund geredet, dann hätte ich mich nicht mit dem Sozialamt rumschlagen müssen, weil ich im Winter kein Holz zum heizen hatte außer dem, welches ich im Wald vom Boden gesammelt hab. Dann hätte ich mit 18 den Führerschein gemacht, anstatt auf der Straße zu sitzen und zu hungern, weil mich der Rechtsstreit so aufrieb, dass ich nicht essen konnte. Keine nachträgliche Sorge: ich hatte Wohnung und Essen. Ich hatte Freunde. Und ich hatte meinen Stolz. Ich war für mich eingestanden und hab gesagt: ich mach den Scheiss nicht mehr mit. Ich belüge mich nicht selbst indem ich sage, alles ist super. Die armen Leute, die das mitbekamen (Dorf halt) (Ich hätte vielleicht ein Pamphlet an die Kirchentür hängen sollen: der Bank-Lutz ist super Leute, macht euch keine Sorgen, eure heile Welt geht nicht kaputt, ich bin verkorkst, aber so sind die undankbaren Kinder ja). Nein ich konnte nicht mehr lügen, nur damit ich im Schoße der ach so bequemen Familie bleiben kann.

 

Und daher kann ich auch jetzt nicht in den PAN. Auch wenn ein Teil von mir das will. Auch wenn ich gerne teilhaben würde und die Macht des Netzwerks hätte. Aber ... ich hab meinen Stolz und ich hab kein Geld. (Wahrscheinlich hängt das auch zusammen, da arbeite ich dran.)

 

Ich hab einen fetten Kloß im Hals, weil ich das nicht will. Ich will keinen Streit und keinen Ärger. Ich will nicht ausgrenzen und mich nicht ausgrenzen. Aber ich kann nicht Teil von etwas sein, was in den Grundlagen falsch ist. Der Ansatz ist meiner Meinung nach falsch - aber das ist eine andere Diskussion. 

Ich musste aber mal loswerden, warum ich nicht kann, obwohl ich will. Das hab ich jetzt.