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Das Stillehalten

Im Deutsch Leistungskurs hielt ich einst ein Referat über Thomas Mann. Ich mochte seine Kurzgeschichten. Ich mochte, dass es Strukturen gab, die man erkennen und durchschauen konnte. Bis heute erinnere ich mich daran, dass Farben eine wichtige Rolle spielten und nutze das bei meinem Schreiben.

Mann schieb eine Geschichte namens Tonio Kröger. Und in der Essenz geht es darin darum (hihi), ob der Schriftsteller selbst nur ein Beobachter der Welt sein darf, oder ob er aktiv an ihr teilhaben soll, um sie akkurat beschreiben zu können. Ich glaube, jede Autorin denkt ab und zu genau darüber nach.

 

Als ich meine ersten Bücher schrieb, war ich persönlich an einem Tiefpunkt meines Lebens. Ich war krankgeschrieben mit einer Art Burnout und musste mich selbst wieder zusammenklauben. Ich hatte glücklicherweise ein Coaching und das war eine unschätzbare Erfahrung. Am Ende traute ich mir zu, den Weg der Autorin furchtlos zu betreten, um zu schauen, ob das was für mich wäre.

Und dann ging alles schnell und steil und ich ritt diese Wellen. Nach einigen Jahren war ich bekannt wie ein buntes Hündchen - wenn auch nicht berühmt oder monetär erfolgreich. Verwechselt das bitte nicht. Aber ich hatte ne Menge Spaß. Und es ging weiter. Der erste Stand war noch mit zwei Büchern und einem Poster, aber bald konnte ich drei-vier-fünf oder mehr Meter füllen. ich hatte Veranstaltungen, da waren wir vom Amt die Hauptattraktion und der Auf- und Abbau dauerte ewig. Mein Haus füllte sich mit Waren, mein Leben mit Terminen.

Und das war gut so. Viele Jahre war das ok.

 

Aber jetzt ist das vorbei. Irgendwie ist mir zunächst der Spaß an der Sache abhanden gekommen. Das hat mit vielen Faktoren zu tun. Veranstalter wollen wirklich viel von einem, lassen einen dabei aber oft echt allein. Das ist anstrengend, zusätzlich dazu, dass man eigentlich immer einen Spagat machen muss zwischen Dingen, die man immer dabei haben muss und neuen Dingen. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die Stammkunden eigentlich alles für sie interessante gekauft haben und man die gerne weiter bedienen möchte, aber das reicht eben nicht. Es rechnet sich aber nicht, Dinge nur für Stammkunden zu machen und die anderen ... nun, das kommt auf die Veranstaltung an. Da, wo viele Leute sind, die einen nicht kennen, da verkauft man seine Bestseller gut. Da ist es aber anstrengend und man kann nicht mit den lieben Freunden (und Stammkunden) reden, weil man ja verkauft. Und bei anderen Veranstaltungen sind alle lieben Leute, verkauft man aber nix, redet dafür viel , packt aber dennoch Waren aus und wieder ein, hat Fahrtkosten, Zeit und Energie verbraucht.

Ganz zuletzt muss ich gestehen, dass mit meine Homebase, also der Steampunk und die Steampunks etwas verleidet sind. Es gibt da viele Individuen, aber leider einige Strömungen, die in Richtungen driften, die ich absolut nicht unterstützen kann. Und obwohl die Aktionen "Steampunk gegen Rechts" immer großen Anklang finden, saugt es hart viel Energie, dass andere einfach so auf Veranstaltungen Dinge zeigen, die schlicht nicht gehen. Die Veranstalter sind dann entweder träge oder einfach zu gewinnorientiert aufgestellt. Es ist ihnen vielleicht auch schlicht egal. Aber ich möchte bitte nicht neben Aufbauten stehen, die zeigen, wie schamlos heutzutage Leute ihre Gesinnung wieder zeigen, für die man einstmals nach einem schlimmen Krieg vor Gericht kommen konnte. Und die auch immer noch illegal sind, aber man findet ja Wege und wir sind ja alle so tolerant ...

 

Da ich selbst nicht kapitalistisch aufgestellt bin, kann ich darum schlicht sagen: Nö. Mach ich nicht mehr. Ich brauch weder Ruhm noch sonstwas. Ich brauch weiterhin nette Leser und Käufer von manchen schönen Dingen, die ich herstelle oder machen lasse, aber mehr nicht.

Und dass ich das hier so sagen kann, empfinde ich als hartes Privileg. Das habe ich meinem Umfeld zu verdanken. Danke an alle, die mich auch unterstützen und gut finden, wenn ich nicht in Klamotte auf einer Veranstaltung herumstehe.

Dass ich das sagen kann bedeutet aber auch, dass ich mental durch ein tiefes Tal gewandert bin. Ich wusste zunächst eigentlich nur, was ich nicht mehr wollte. Ich weiß jetzt erst so langsam wieder, was ich will.

Das ist übrigens immer mein Weg. Viel verzweifeln daran, dass sie erst wissen wollen, wo es hingeht. Ich guck erst mal, was mich eigentlich stört, was mich einengt, was mich daran hindert, frei atmen und glücklich leben zu können. Wenn ich das weiß und beseitige, dann sprudelt bald mein Quelle wieder und alles fügt sich von allein.

 

Ich habe dazu gestern mal wieder das IGing befragt:

Zeichen 52: Das Stillehalten/Der Berg

Stillehalten seines Rückens,
so dass er seinen Leib nicht mehr empfindet.
Er geht in seinen Hof und sieht nicht seine Menschen.
Kein Makel.

 

Deutung: "Die wahre Ruhe ist die, dass man stillehält, wenn die Zeit gekommen ist, still zu halten und dass man vorangeht, wenn die Zeit gekommen ist, voranzugehen. Auf diese Weise ist Ruhe und Bewegung in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Zeit. Dadurch gibt es Licht des Lebens.

Das Zeichen ist Ende und Anfang aller Bewegung. Der Rücken wird genannt, weil im Rücken alle Nervenstränge sich befinden, die die Bewegung vermitteln. Wenn man die Bewegung dieser Rückenmarksnerven zum Stillstand bringt, so verschwindet sozusagen das Ich in seiner Unruhe. Wenn nun der Mensch innerlich so ruhig geworden ist, dann mag er sich der Außenwelt zuwenden. Er sieht in ihr nicht mehr den Kampf und das Gewühl der Einzelwesen und hat deshalb die wahre Ruhe, wie sie nötig ist, um die großen Gesetze des Weltgeschehens zu verstehen und dementsprechend zu handeln. Wer aus dieser Tiefenlage heraus handelt, der macht keinen Fehler."

 

Schön, oder?

Und damit sind wir wieder bei dem, mit dem ich begonnen habe: Nehme ich am Leben teil oder bin ich besser nur Beobachterin?

Ich sage: Beides. Nur jedes zu seiner Zeit.

 

Und ich nehme mir jetzt eine Auszeit. Ich werde vermutlich nur noch ganz wenige ausgewählte Veranstaltungen machen.

Seht es mir nach, ich kann nicht anders. Wer mit mir interagieren will, ist herzlich eingeladen, mir auf Patreon zu folgen (geht ab ca 1 Euro/Monat) oder schlicht auf Facebook. Wobei das echt nervt. 

 

Ich hab die meisten von euch immer noch lieb, drum wünsche ich euch auch Seelenfrieden und dass ihr wisst, was ihr nicht wollt. Alles andere kommt dann. Glaubt mir. 

Alles Liebe!

 

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