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Nochmal Buchmarkt

Im Artikel vor diesem habe ich über meine allgemeinen Gedanken zur Buchmesse gesprochen. Diesmal erzähle ich, warum sie mich dennoch traurig macht. Jedes Mal.

Es geht um "sich messen". Ich glaube, man kann das nicht abstellen, sich zu messen. Seine Leistungen, seinen Erfolg, die eigene Güte, den Wert, den Rang ... wie auch immer man das ausdrücken will und welche Kategorie man auch immer benutzt.

Es ist ja auch im Umgang mit anderen durchaus sinnvoll. Wäre ich ganz allein auf dieser Welt wäre ausschließlich ich selbst mein Maßstab. Und ob ich es schaffe, oder nicht. Also zu überleben. Ob ich es schaffe, mir genug Nahrung zu suchen und so. (Ich rede jetzt von "ich bin die letzte auf der Welt".) Es ist dann völlig egal, wie viel Fische ich gefangen habe, Hauptsache, es sind genug, damit ich nicht verhungere. Und die Qualität der Fische ist auch egal, Hauptsache, sie waren nicht schon verwest, als sie in mein Netz gingen.

Aber ich bin nicht allein. Und ich messe mich automatisch.

Ich hab ja mal eine Weile Psychologie studiert. Und dabei vor allem die Verhaltenspsychologie. Also warum tun wir bestimmte Dinge so, wie wir sie tun? Gruppenpsychologie interessierte mich auch sehr. Tiefenpsychologie weniger. Ich finde persönlich, die Vergangenheit ist vorbei und sobald ich sie lächelnd und winkend verabschiede, das Nützliche noch mitgenommen habe, kann ich sie wirklich total hinter mir lassen. Ich weiß ziemlich genau, dass ich meinen Vater noch irgendwo in meinem Kopf sitzen habe, und seine Stimme, wie dusselig ich bin. Aber ... meistens hat er keine Macht über mich, denn am Ende lebe ich und er ist jämmerlich verstorben.

Und huch - da hab ich wieder gemessen oder? Ich habe jämmerlich gesagt. Das ist ein Maß, denn ich hätte ja auch kein Adjektiv benutzen können. Aber es hilft mir, das so zu klassifizieren, denn es entwertet seine Meinung von mir.

Wenn ich andere Menschen werte, dann moduliere ich ihren Einfluss auf mich. Wenn ich jemanden super finde, dann wird dessen Meinung mehr Einfluss auf mich haben. Lustigerweise lassen manche Menschen sich von anderen etwas sagen, die absolut nichts mit ihrem Leben zu tun haben. Sie nehmen "Ratschläge" von Promis an, die ein völlig anderes Leben führen. Sie denken, das würde schon auf ihr Leben irgendwie passen, wenn sie nur alles kaufen, was der Promi dann auch so auswirft - ich rede da jetzt von den Typischen Schauspielerinnen oder Modeln, die dann Parfum, Kleidung oder Make-up Produkte machen. Also "Lifestyle" Dinge.

Ich komm mal zurück zur Messe. Auf der anderen Seite unseres Standes war einer, der so derartig durchorganisiert war, dass man sofort wusste a) worum es ging, b) dass hier etwas ganz Besonderes und c) absolut erstrebenswertes zu bekommen war. 

Die Leute standen Schlange. 30, 40 Meter lang.

Wir haben die Autorin gegooglet. Sie sieht aus wie eine blonde Kardashian und schreibt seit Jahren fette Ziegelsteinreihen mit immer den gleichen Themen: Er verhaut sie, aber sie liebt ihn. Weil das natürlich auf Dauer langweilig sein könnte, hat sie dann vielleicht die Auswahl aus mehreren heißen Typen, die sie verhauen, oder sie verhaut mal jemanden. 

Wichtig dieses Jahr: Alles mit passendem Farbschnitt. In Blutrot, Hämatomlila und Veilchenblau. 

Ich betone hier: Hab ich kein Problem mit. Wenn seit den 50 Grautönen eines klar geworden ist, dann das: Manche wollen wirklich verhauen werden (ist ja ok, wenn beide das wissen) und manche wollen nur drüber lesen. Ich will hier keine Gedanken zur Wirklichkeit machen und warum es so viele Singles gibt. Aber Realismus ist nicht des Menschen Ding, schon gar nicht, wenn es um Lebe geht. 

(Einschub: ich habe gerade eine wundervolle Buchreihe gelesen, von Jodi Taylor, die Zeit Polizei Dinger und da reden sie über "Wuthering Heights": (ungefähres Zitat) Ich hätte ja Heathcliff mit dem Torfspaten eine übergebraten und ihn im Moor verbuddelt. - Sie unterhalten sich dann noch ne Weile darüber, dass das Moor ein ungünstiger Ort zum Leichen loswerden ist, weil es ja den Körper eher konserviert ... hihi)..

Womit ich aber ein Problem habe ist vor allem, dass hier oft Form vor Inhalt geht. Dass Bücher gekauft werden, weil sie einen Farbschnitt (igittbäh) haben. Bücher nochmal gekauft werden. Weil sie ... ihr wisst schon.

Mein Gedankengang ist dann: Das Geld hättet ihr auch in MEINE Bücher investieren können. Weil es aber nicht so ist, muss ich ja automatisch weniger Wert sein, oder?

Ich bin weniger wert als Bücher, die (aus meiner Sicht) schlimme beziehungsverhalten thematisieren und/oder Farbschnitte haben. Ganz ehrlich ... das macht mich traurig. Und egal wie ich das intellektuell versuche webgzudrängen, es bleibt. Wie ein Furz im Aufzug. Ich kann den ignorieren, der tut mir eigentlich nicht weh und der ist auch nicht da, um mich zu ärgern, aber dennoch: bäh. Ich möchte nur weg.

Da hilft es auch nix, wenn ich versuche, dem Furz keine Macht über mein leben zu geben. Gaaarnix.

Da hab ich dann keinen Bock mehr.

Drum ist eines der wichtigsten Dinge, die ich immer wieder aktiv tun muss, zu unterlassen, mich zu messen. Und ich rede nicht (haha) über Preise. (Sehr ihr, ich habe doch drüber geredet.) (Aber ich sag nix dazu. Nix. Nicht hier und nicht öffentlich. Nix nix nix. Nein! Neihein.)

Ich übe mich also gerade mal wieder im Überwinden von Traurigkeit. Manche haben Messeblues, ich hab Mess-Blues.

Ich werde nach Ostern anfangen, Dinge zu machen, die mich glücklich machen.

Ich hoffe sehr, ihr seid dabei :)

Alles Liebe! (Achso, darum das Vorschaubild: Einen Kakao mit extra viel Sahne für euch!)

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